c't 4/2022
S. 14
Titel
Optimales Netz: Übersicht
Bild: Andreas Martini

Gigabits voraus

Wie das Gigabit-Internet ins Haus kommt und wie man es dort am besten weiterleitet

Internet mit einem Gigabit pro Sekunde ist für manche keine Utopie mehr, sondern schon Alltag. Eine weitere Beschleunigung wird so sicher kommen wie die nächste Steuerforderung. Spätestens wenn das Gigabit-Internet bei Ihnen anklopft, wird es Zeit zu prüfen, ob das hausinterne Netz der Datenflut gewachsen ist.

Von Ernst Ahlers

Das pandemiebedingte Homeoffice wirkt als Katalysator für den Wandel der Internetzugänge: Statt nur passive Konsumenten digitaler Medien zu sein, wofür ein mit 100 Mbit/s schon zügiger Anschluss locker genügt, werden die Heimarbeiter tagsüber zu Produzenten. Große Dateien sollen nicht nur möglichst schnell heruntergeladen werden (Downstream), sondern nach dem Bearbeiten ebenso flott wieder in die Firma oder die Cloud zurückwandern (Upstream).

Zwar wird die Mehrheit der Beschäftigten ins Büro zurückgekehrt sein, wenn sich – hoffentlich bald – die SARS-Cov-2-Pandemie zu einer gesellschaftlich und wirtschaftlich leichter verdaubaren Endemie gewandelt hat. Aber auch dann wird das Homeoffice für eine große Zahl der bevorzugte Tätigkeitsort bleiben, wenn nicht alltäglich, so doch bestimmt mehrere Tage pro Woche.

Deshalb ist nicht nur der Upstream der verschiedenen Internetanschlusstypen wichtiger geworden, sondern die nutzbare Geschwindigkeit überhaupt – die natürlich auch beim Weiterleiten vom Anschluss im Wohnzimmer zum Schreibtisch im Arbeitszimmer am anderen Ende des Hauses erhalten bleiben soll.

Nebenbei freut sich der Nachwuchs, wenn der Download des dutzende Gigabyte schweren neuen Lieblingsspiels nicht mehr drei Stunden, sondern nur noch eine Viertelstunde braucht. Gegen solche Schwergewichte verblasst freilich der Bandbreitenbedarf aller anderen Anwendungen (siehe Tabelle „Typische App-Datenraten“).

Typische App-Datenraten​
Anwendung Datenrate in Mbit/s
Chat/Messaging 0,01
Telefonie1 0,05–0,20
Audiostreaming1 0,06–0,26
Videokonferenz-Upstream (HD)1 0,6–3,5
Full-HD-Video1 4–10
4K-Video1 10–30
Up- und Downloads was die Leitung hergibt
1 je nach App, Einstellungen und Kompressionsgrad​

Zwar wären viele abseits der Bevölkerungszentren Lebende schon froh, Internet per Telefonleitung (VDSL) mit den oben genannten 100 Mbit/s und 40 Mbit/s im Downstream zu bekommen. Doch mit Super-Vectoring und 250/50 Mbit/s ist diese Technik auch schon am Anschlag. Mehr ist nicht zu erwarten.

Für die propagierte Gigabit-Gesellschaft müssen folglich andere Zubringertechniken einspringen: Internet per TV-Kabel, per Glasfaser sowie 5G- und später 6G-Mobilfunk.

Landet das Netz mittels Fiber-to-the-Building (FTTB, Glasfaser bis in den Keller) im Haus und wird dort mit der Übertragungstechnik G.fast in die Telefonleitung zur Wohnung eingespeist, gehen prinzipiell bis zu 1000 Mbit/s in beide Richtungen. Dieses Maximum bremst der Provider gemäß seinen Tarifen ein.

Glasfaseranschlüsse mit GPON-Technik bis in die Wohnung erreichen zurzeit maximal 2,4 und 1,2 Gbit/s (Down-/Upstream). Der längst definierte Nachfolger XG-PON alias 10GPON treibt das auf bis zu 10 Gbit/s in beide Richtungen hoch.

In der Schweiz gibt es mit Init7 sogar schon einen Provider, der Punkt-zu-Punkt-Glasfaseranschlüsse mit 25 Gbit/s symmetrisch anbietet. Sie kosten dieselben 65 Schweizer Franken, umgerechnet 62 Euro, monatlich wie langsamere Init7-Zugänge mit 10 oder 1 Gbit/s.

Internet per TV-Kabel kann mit dem schon weitgehend ausgebauten DOCSIS 3.1 maximal 10 Gbit/s im Downstream und 1 Gbit/s in Gegenrichtung transportieren. DOCSIS 4.0 wird den Upstream weiter auf bis zu 6 Gbit/s beschleunigen.

Zwar teilen sich mehrere Haushalte die TV-Kabel- und (X)GPON-Bandbreite (Shared Medium), typische „Split-Verhältnisse“ für Letztere können bei 1:32 liegen. Aber wenn nicht alle gleichzeitig Daten übertragen, wird man bei Down- und Uploads zumindest vorübergehend tatsächlich die Spitzendatenraten bekommen. Dafür muss jedoch die Infrastruktur mitspielen, also die Netze der Provider ebenso wie die Quell- und Zielserver.

Bis sich Multigigabit-Zugänge über terrestrische Netze verbreitet haben, wird es gewiss noch geraume Zeit dauern. Gibt es am eigenen Lebensmittelpunkt noch keines, kann man sich das schnelle Internet eventuell per 5G- oder später 6G-Mobilfunk drahtlos ins Haus holen.

Auch diese Techniken können mehrere Gigabit pro Sekunde liefern – wenn man momentan der einzige Nutzer der Funkzelle und diese flott genug angebunden ist. Die in den USA schon erhältliche, Fixed Wireless Access genannte 5G-Variante für Festnetzanschlüsse ist hierzulande nicht abzusehen.

Schnelles Netz schnell verteilen

Wer jetzt schon Gigabit-Internet bekommen kann, will es verlustfrei in der ganzen Wohnung nutzen. Dafür drängt sich WLAN alias Wi-Fi als beliebteste, weil bequemste Technik fürs Vernetzen über die letzten Meter auf: Man muss kein Kabel ziehen – was bei Mobilgeräten ohnehin nicht geht – und die Verbindung ist mit ein paar Klicks eingerichtet.

Doch WLAN bringt typischerweise nur dann hohe Performance (siehe Tabelle „Datenraten“ auf Seite 17), wenn Client und Basis (Access-Point, AP, meist in den Router integriert) im selben Raum sind. Quer durch eine 4-Zimmer-Wohnung bricht die Geschwindigkeit drastisch ein: Einerseits dämpfen Wände und Einrichtungsgegenstände das Hochfrequenzsignal stark, andererseits schießen in dicht besiedelten Gegenden Nachbar-WLANs quer, weil sich alle das Medium Funk teilen müssen.

Diese Effekte treffen auch Mesh-WLAN-Systeme, die mehrere Basen in einer Wohnung über einen separaten Funkkanal verknüpfen. Mittelschnelle Internetzugänge bekommt man mit aktuellen Mesh-Systemen auf Wi-Fi-6-Basis zwar verlustarm weiterverteilt, aber 1 Gbit/s durch mehrere Wände wird auch das in ein paar Jahren kommende Wi-Fi 7 ziemlich sicher nicht schaffen.

Der nächste WLAN-Standard verdoppelt zwar die maximale Funkkanalbreite nochmals auf 320 Megahertz (MHz) und nutzt bei exzellenter Signalqualität die sehr hochstufige Modulationstechnik 4096QAM, was zusammen den 2,4-fachen Durchsatz gegenüber Wi-Fi 6 bringt. Der extrabreite Kanal ist aber nur im neuen 6-Gigahertz-Band nutzbar, wo die Streckendämpfung etwas höher als bei Wi-Fi 6 im 5-GHz-Bereich ist. Außerdem sinkt die spektrale Leistungsdichte wegen der verdoppelten Kanalbreite. Zusammen dürften beide Effekte dafür sorgen, dass Wi-Fi 7 einen Multigigabit-Durchsatz auf Anwendungsebene nur innerhalb eines Raumes erreichen wird.

Flinkeres WLAN

Um mit dem Notebook auch weiter weg vom Router einen schnellen Zugang zu haben, bringt man das Netz geschickterweise über andere Wege dahin und setzt erst vor Ort aufs WLAN um. Das bedeutet: Stellen Sie überall dort einen modernen Access-Point hin, wo Sie sich oft aufhalten.

Ein Tipp zum Optimieren des WLANs (siehe S. 18) sei vorweggenommen, weil er sehr viel bringt: Der Access-Point kann auch ein bisher drahtlos angebundener Repeater mit LAN-Buchse sein. Denn der wandelt sich zum AP, wenn man ihn per Ethernet mit dem Router verbindet. In unseren Tests von Mesh-Systemen ergab das mit einem Notebook als Client stets einen großen Geschwindigkeitsgewinn. Beim ZenWifi AX Mini von Asus – dem kompakten Würfelchen links im Bild – etwa verdoppelte sich der Durchsatz von 125 auf 267 Mbit/s (c’t 23/2020, S. 87, gemessen über sechs Meter und eine Steinwand zwischen Access-Point und Notebook im 5-GHz-Band).

Ungehobene Schätze: Bindet man WLAN- oder Mesh-Repeater über ihre LAN-Buchse an den Router an, werden sie zum Access-Point. Das kann fern des Routers die Datenrate auf Anwendungsebene mal eben verdoppeln.

Stellt man den zum AP gewandelten Repeater nun in dem Raum auf, wo sein WLAN-Signal am häufigsten gebraucht wird, dann klettert die erzielbare Geschwindigkeit weiter – mit Glück sogar über die in der Tabelle genannten typischen Nettowerte für sehr gute WLAN-Verbindungen.

Am besten per Kabel

Der optimale Weg ist folglich, Access-Points per LAN-Kabel anzubinden: Gigabit-Ethernet für 1000 Mbit/s ist Standard. Multigigabit-Ethernet (NBase-T) bis 2,5 Gbit/s breitet sich bei Routern, APs, PC-Mainboards, Netzwerkspeichern und Switches zunehmend aus. NBase-T mit 5 oder 10 Gbit/s ist noch selten, aber technisch ausgereift [1, 2].

Datenraten gängiger Inhaus-Vernetzungstechniken
Netzwerktyp Medium Brutto (max., Mbit/s) Netto (Mbit/s)2 Netto (MByte/s)2
Fast Ethernet Kabel1 (CAT5) 100 95 12
Wi-Fi 4 (IEEE 802.11n) Funk (2,4 GHz) 600 100 13
Wi-Fi 5 (IEEE 802.11ac) Funk (5 GHz) 6900 400 50
Wi-Fi 6 / 6E (IEEE 802.11ax) Funk (2,4 + 5 / 6 GHz) 9600 500 60
Gigabit-Ethernet Kabel1 (CAT5e) 1000 950 115
NBase-T 2,5 Gbit/s Kabel1 (CAT5e) 2500 2400 290
NBase-T 5 Gbit/s Kabel1 (CAT5e) 5000 4700 570
10-Gigabit-Ethernet Kabel1 (CAT5e/6a/7) 10.000 9500 1150
WLAN-Datenrate und Reichweite grundsätzlich variabel, abhängig unter anderem von Signalqualität, Kanalbreite, Anzahl Antennen, Nachbar-WLANs, Gebäudekonstruktion, Geräteausrichtung 1 Twisted-Pair, 10 Gbit/s auf CAT5e-Kabel bis ca. 50 m, auf CAT6a/CAT7 bis 100 m 2 typischer Wert bei guter Verbindung​​​​

Doch den Aufwand zum Verlegen neuer Kabel scheuen viele, und das zu Recht: In einer bezogenen Wohnung möchte niemand Möbel verrücken, Nuten in Wände fräsen, Leitungen einbringen und Netzwerkdosen anschließen. Diese Arbeiten müssen bis zur nächsten Renovierung warten. Bis die Infrastruktur für schnelles Ethernet so allgegenwärtig ist wie elektrischer Strom und fließendes Wasser, werden deshalb noch einige Dekaden vergehen.

Bis dahin können Sie sich mit zwei Methoden behelfen. Optimieren Sie Ihr WLAN und bringen Sie das Netz über einen Kabel-Umweg mit etwas neuer Hardware näher ans Ziel. Denn in vielen Wohnungen gibt es mindestens zwei, oft gar drei Leitungstypen, die sich für den Datentransport zweckentfremden lassen: das Hausstromnetz (Powerline), Telefonleitungen (Ethernet over Phoneline) und die TV-Signalverteilung auf Koaxkabeln (Ethernet over Coax).

Ab Seite 22 schildern wir die Vor- und Nachteile, die Randbedingungen für den Einsatz sowie die Leistungsgrenzen der drei Techniken. Mit zweien kann man das Gigabit ganz praktisch knacken, bei einer geht sogar schon das Doppelte auf Anwendungsebene durch (2 Gbit/s).

Infrastruktur-Upgrade

Falls Sie Ihrem Heim bei der Sanierung eine leistungsfähige Netzwerkinfrastruktur spendieren, entsteht die Frage, ob diese auf optischer Basis oder klassisch elektrisch entstehen soll.

Für das Verlegen von Glasfasern alias Lichtwellenleitern [3, 4] spricht deren enorme Bandbreite: Optisches Ethernet für Verbindungen innerhalb von Rechenzentren läuft zurzeit mit maximal 400 Gbit/s auf einer Faser (400GBASE-FR8 mit 8 Wellenlängen oder Farben bis 2000 Meter Reichweite); 800 Gbit/s sind auch schon spezifiziert. Bei Weitverkehrsstrecken (WAN) sind zurzeit 400 Gbit/s auf einer Wellenlänge möglich. Mit bis zu 88 Farben (Dense Wavelength Division Multiplexing, DWDM) transportiert eine Faser dann maximal 35.000 Gigabit/s oder 35 Terabit/s.

In Firmen kommen LWL für stockwerksübergreifende, schnelle Verbindungen zwischen Abteilungs-Switches oder zwischen Gebäuden zum Einsatz, bisher typischerweise mit 10 Gbit/s, mancherorts auch schon mit 25 oder 40 Gbit/s. Für passende Glasfasermodule haben die Switches SFP+- oder QSFP-Schächte.

Vorerst noch mit Kupfer

Bei der Inhaus-Vernetzung bedingt eine LWL-Verkabelung aber, dass man an den allermeisten Geräten Umsetzer – Medienwandler – von der optischen auf die elektrische Ebene braucht. Denn an PCs, Internet-Routern, TV-Geräten und Settop-Boxen ist Gigabit-Ethernet per Twisted-Pair-Kabel mit RJ45-Steckern nach wie vor Standard. Für die Medienwandler zahlt man nicht nur bei der Anschaffung, sondern über ihre Leistungsaufnahme auch fortlaufende Stromkosten. Dennoch kann eine Glasfaserstrecke auf Privatgrund sinnvoll sein, beispielsweise zum Anbinden eines als Arbeitsbereich genutzten Nebengebäudes.

Die klassische Kupferverkabelung mit CAT6a- oder CAT7-Leitungen taugt für mindestens 10 Gbit/s, was mittelfristig bei Weitem ausreichen sollte. Denn bis die Glasfaserzugänge der Internetprovider weiträumig mehr als 10 Gbit/s liefern, wird es wohl noch geraume Zeit dauern. Obendrein kann man per Twisted-Pair-Kabeln kompatible Access-Points oder LAN-Kameras auch gleich mit Energie versorgen (Power-over-Ethernet) und sie so auch dort platzieren, wo keine Stromsteckdose in der Nähe ist.

Wer seine Gebäude beim Sanieren für die fernere Zukunft rüsten will, legt parallel zu den Kupferleitungen jetzt schon in jeden Raum zwei Glasfaserstränge. Der geringe Aufpreis für die zusätzlichen Leitungen macht sich spätestens dann bezahlt, wenn unsere Nachkommen das Netzwerk dereinst für das 100-Gigabit-Zeitalter aufrüsten. (ea@ct.de)

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