c't 4/2022
S. 3
Standpunkt

Gebrauchtkauf: Endlich ein sinnvoller Handytrend

Sind Sie auch gelangweilt von neuen Smartphones? Brauchen Sie kein 5G, keine Dreifachkamera und erst recht kein faltbares 120-Hertz-Display? Und wollen Sie deshalb auch keine 1000 Euro oder noch mehr für ein Top-Smartphone hinblättern? Keine Sorge, Sie sind nicht allein. Immer mehr Menschen pfeifen aufs neueste iPhone, Galaxy oder Pixel und kaufen lieber ein wiederaufbereitetes Handy.

Denn Firmen wie Rebuy, Asgoodasnew oder Swappie haben das Geschäft mit Gebrauchthandys professionalisiert. Sie testen und putzen die angekauften Geräte gründlich und tauschen gesplitterte Displays sowie müde Akkus aus. Ein Jahr Gewährleistung gibt es immer. Das ist zwar kürzer als beim Neukauf, aber oft kommen noch drei Jahre Garantie obendrauf – also sogar mehr als bei Apple oder Samsung.

Das Geschäftsmodell, neudeutsch Refurbishing genannt, ist endlich mal ein sinnvoller Smartphone-Trend. Sinnvoll aus Sicht der Kunden, weil sie beim Gebrauchtkauf nicht mehr auf flunkernde Privatverkäufer reinfallen. Und sinnvoll aus Umweltsicht, weil die Wiederaufbereiter im großen Stil reparieren und somit den Geräten ein längeres Leben schenken, was ein wichtiger Hebel für Klimaschutz ist.

Wenig begeistert sind nur die Smartphone-Hersteller. Klar, die würden lieber mehr Neuware absetzen. Deswegen ist es wichtig und richtig, dass die EU die Hersteller dazu verpflichten will, Sicherheitsupdates und Ersatzteile zu liefern. Fünf Jahre wären dafür ein vernünftiger Zeitraum – so lange kann man hochwertige Smartphones heute mindestens verwenden.

Die Politik sollte aber auch dafür sorgen, dass die Hersteller für Ersatzteile keine Mondpreise verlangen können und Reparaturen nicht durch Softwaresperren erschweren. Eine gute Idee wäre darüber hinaus die Senkung der Mehrwertsteuer für Reparaturen oder für den Kauf von Gebrauchtgeräten.

Während unserer Tests waren wir jedenfalls überrascht, wie professionell die Second-Handy-Branche arbeitet und wie wenig es an zwei, drei Jahre alten High-End-Smartphones zu mäkeln gibt – mehr dazu lesen Sie ab Seite 52.

Christian Wölbert

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