c't 1/2016
S. 29
News
Forschung

Stromversorgung der Zukunft

Noch wird in Deutschland ein Großteil des Stroms durch Verbrennung fossiler Energieträger sowie durch Kernkraft erzeugt. Das Braunkohlekraftwerk Schkopau in Sachsen-Anhalt versorgt unter anderem die Deutsche Bahn mit Strom – und stößt pro Jahr mehr als 5 Millionen Tonnen CO2 aus.

Spätestens seit der Klimakonferenz von Paris ist klar: Soll die globale Erwärmung tatsächlich auf ein verträgliches Maß begrenzt werden, muss die Menschheit viel stärker als bisher auf das Verfeuern fossiler Brennstoffe verzichten. Das wiederum hat erheblichen Einfluss auch auf die Stromerzeugung. In Deutschland beispielsweise steigt der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromproduktion zwar kontinuierlich. Aber selbst im Jahr 2014 wurde hierzulande noch mehr als die Hälfte des Stroms durch das Verbrennen von Kohle, Gas und Öl erzeugt.

Ganz ohne Verfeuern von Energieträgern wird es bei der Stromerzeugung aber auch künftig nicht gehen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Arbeitsgruppe des Projekts „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS). ESYS läuft noch bis Anfang 2016 und wird von der „Deutschen Akademie der Technikwissenschaften“ (acatech) gemeinsam mit der „Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina“ sowie der „Union der deutschen Akademien der Wissenschaften“ durchgeführt. Als Grund führen die mehr als einhundert Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft „Maßnahmen zur Stabilisierung der Energiesysteme“ an.

Demnach werden Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen bis zum Jahr 2050 die Rolle als wichtigste Stromerzeugungstechnologien in Deutschland übernehmen. Da die Produktion von Wind- und Solarstrom aber stark wetterabhängig und damit „fluktuierend“ ist, werden zusätzlich sogenannte Flexibilitätstechnologien benötigt, um Einspeise- und Verbrauchsschwankungen auszugleichen. Dafür lassen sich zum Beispiel flexibel regelbare Kraftwerke nutzen, Langzeitenergiespeicher oder auch das sogenannte Demand-Side-Management, also eine gezielte Laststeuerung durch Anpassung des Stromverbrauchs an das jeweils aktuelle Angebot.

Mithilfe eines Computermodells spielte die ESYS-Arbeitsgruppe etwa 130 unterschiedliche Energiesystem-Konstellationen durch. Berücksichtigt wurden dabei Aspekte wie Stabilität, Nachhaltigkeit, Kosteneffizienz und gesellschaftliche Akzeptanz. Kurzfristige Stromschwankungen lassen sich demnach am kostengünstigsten durch flexible Verbrauchs- und Speichersteuerungen in privaten Haushalten und der Industrie ausgleichen (Demand-Side-Management). Soll die Versorgungssicherheit dauerhaft aufrecht erhalten werden, seien aber „flexibel befeuerbare Gaskraftwerke“ unerlässlich, erklären die Wissenschaftler: „Sie sind das Rückgrat jedes stabilen Energiesystems der Zukunft.“

Allerdings werden Gaskraftwerke künftig nicht mehr mit fossilen Brennstoffen betrieben, sondern „zunehmend mit Biogas, Wasserstoff oder synthetischem Methan“, erläutert Arbeitsgruppenleiter Professor Dirk Uwe Sauer von der RWTH Aachen. Neue Kraftwerke sollten deshalb „mit variabler Feuerung“ ausgelegt werden, damit die Gaswirtschaft sukzessive von Erdgas auf CO2-ärmere Brennstoffe umgestellt werden kann. Mit den neuen Kraftwerken ließen sich dann bis zu drei Wochen lange wind- und sonnenarme Perioden sicher überbrücken.

Eine ausführliche Analyse der „Flexibilitätskonzepte für die Stromversorgung 2050“ sowie eine Stellungnahme der beteiligten Akademien ist über den c’t-Link kostenlos abrufbar. (pmz@ct.de)

Sie wollen wissen, wie es weitergeht?

Recycling-Fabrik für Elektrofahrzeug-Batterien

Robotergestützte Demontage einer Elektrofahrzeug-Batterie Bild: TU Braunschweig

Akkus machen heute etwa 80 Prozent der Kosten eines Elektrofahrzeug-Antriebsstrangs aus. Umso wichtiger ist deshalb die Rückführung wertvoller Materialien aus Altbatterien in die Produktion neuer Fahrzeug-Akkus. An der Technischen Universität Braunschweig wurde im Dezember eine Demonstrationsanlage für das Recycling von Lithium-Ionen-Traktionsbatterien aus Elektrofahrzeugen eingeweiht, in der pro Jahr rund 100 Tonnen Batteriezellen robotergestützt demontiert, entladen und so aufbereitet werden können, dass eine Recyclingquote von mehr als 75 Prozent erreicht wird.

In der Anlage gewinnen die Wissenschaftler außer Lithium, Nickel, Kobalt und Mangan auch einen Großteil des in den Beschichtungsfolien verwendeten Aluminiums und Kupfers zurück. Außerdem arbeiten die Braunschweiger Forscher an neuen Verfahren, mit denen auch ein Recycling von Elektrolyten (Leitsalze und Lösungsmittel) sowie der Anodenbeschichtungen (Graphit) möglich sein soll. Die in den Zellen der End-of-Life-Batterien gespeicherte Restenergie wird bei der Entladung in das Stromnetz der TU Braunschweig eingespeist.

Die Recycling-Anlage ist Ergebnis des „LithoRec II“-Projekts, das bis Mitte 2015 vom Bundesumweltministerium (BMU) als sogenanntes Leuchtturmprojekt im Themenbereich „Recycling und Ressourceneffizienz“ gefördert wurde. Zu den Zielen des Verbundprojekts, an dem sich auch Unternehmen wie Audi, Bosch Rexroth, KUKA Roboter und Volkswagen beteiligt haben, gehört neben der Entwicklung von mechanischen, thermischen und chemischen Recycling-Verfahren der Nachweis, dass eine wirtschaftlich tragfähige Verwertung von Lithium-Ionen-Traktionsbatterien in Deutschland möglich ist. (pmz@ct.de)