c't Fotografie 6/2016
S. 172
Ansichten eines Baums

MEIN FREUND DER Baum

Der künstlerisch arbeitende Fotograf Thomas Brotzler erzählt die Geschichte über seine persönliche Beziehung zu einem Baum in den französischen Pyrenäen. Dabei zeigt er an einigen fotografischen Variationen, wie er in der gegebenen Szene kompositorische und dramaturgische Mittel einsetzt, um unterschiedliche Bildstimmungen und Aussagen zu erzeugen.

Nicht nur die älteren Semester unter den Lesern werden sich bei dem Titel Mein Freund der Baum an das gleichnamige Lied von Alexandra erinnern. Ihr wohl bekanntestes Lied schrieb sie 1968, ein Jahr vor ihrem tragischen tödlichen Verkehrsunfall. Was sie darin im Sinne von Anvertrauen und Haltfinden, zugleich des wehmütigen, aber auch nötigen und hoffnungsvollen Abschieds ausdrückte, fand einen frühen und tiefen Widerhall in mir. Jene Verbundenheit mit dem Wald entstand, die später zum fotografischen Schwerpunkt beitrug.

Schon in meinem Artikel zur Waldfotografie (siehe Ausgabe 1/2015) hatte ich verschiedene – poetische und philosophische – Stimmen zu diesem Thema aufgeführt. Hier möchte ich zusätzlich Michael Kenna, den bekannten britischen Landschaftsfotografen, zitieren. In seinem Hokkaido-Video von 2007 (siehe Zusatzmaterial) spricht er unter anderem über seine Beziehung zu Bäumen, die eine ebenso persönliche wie fotografische ist:

„… I look for single trees that have certain characters … I often spend an hour or two just with one tree … I do feel that I’m photographing like a portrait photographer when I talk to the trees and I photograph the trees … the more times you meet them and become familiar with them, the friendlier they are. And the more you know about them, the more subtile and deep the relationship becomes …“