c't Fotografie 4/2016
S. 126
Workshop
Analoge Fotografie
Aufmacherbild

Mit Kodaks Soldatenkamera fotografieren

Drei Blenden, vier Verschlusszeiten und ein Film für acht Aufnahmen – mit der Vest Pocket fotografieren Sie wie vor 100 Jahren. Fotoexperte Bojan Radojkovic beschreibt in seinem Artikel das besondere Gefühl bei der Arbeit mit der legendären Soldatenkamera und wie mit ihr einzigartige Aufnahmen gelingen.

Kodak entwickelte 1912 die legendäre Vest Pocket, auch bekannt als VPK Soldatenkamera. Sie war robust und mit einem 127er-Film deutlich kompakter als vergleichbare damalige Kameras, die auf 120er-Rollfilm aufnahmen. Kodak hat 1915 bis 1926 mehr als 1,7 Millionen Exemplare der VPK produziert. Die kleine Kodak wurde in vielen Situationen des ersten Weltkrieges von Soldaten eingesetzt, die unter anderem die einfache Bedienung schätzten. Auch nach dem ersten Weltkrieg blieb die Vest Pocket sehr beliebt.

Stellenweise wird die VPK auch als „meistgesuchte Kamera der Welt“ bezeichnet: So nahmen beispielsweise 1924 George Mallory und Andrew Irvine bei dem Versuch, den Mount Everest zu besteigen, eine Vest Pocket mit. Ob die Bergsteiger wirklich auf der Spitze des Mount Everest angekommen sind und das fotografisch dokumentieren konnten, werden wir wahrscheinlich nie erfahren. Mallory und Irvine verunglückten tödlich bei ihrem Erstbesteigungsversuch, die Kamera gilt bis heute als verschollen. Weiterer bekannter VPK-Fotograf: Charles Lindbergh. Der legendäre US-Pilot hatte wohl bei seinen Flügen immer eine VPK dabei. Auch die kalifornische Fotolegende Ansel Adams nutzte die kompakte Analoge, es war seine erste Kamera.

Diese Landschaftsaufnahme wurde mit der VPK geschossen. Vignettierungen, die sonst bei Aufnahmen mit der VPK entstehen, wurden in der Bildbearbeitung entfernt.

Heute sind gut erhaltene Exemplare der VPK schon für kleines Geld im Internet zu bekommen. Der Preis liegt meistens bei zirka 50 Euro, abhängig vom Zustand der Kamera. Für Sammler ist die Kamera nicht so interessant, weil sie in großer Stückzahl produziert wurde. Für Fotografen, die „anders“ fotografieren wollen, ist die Kamera wegen ihres besonderen Bedienkonzeptes und der Bildergebnisse dagegen hochspannend. Wer die „perfekte“ digitale Welt verlassen will und nach einer Alternative in der analogen Fotografie sucht, für den ist die VPK eine aufregende Möglichkeit. Selbstverständlich auch für die vielen Fans der russischen Analogkameras von Lomo. Der Spaßfaktor beim Fotografieren mit der Kodak ist garantiert.