Britische Regierung startet Test für Corona-App – wird das System helfen?

In Großbritannien hat die Verbreitung von Software begonnen, die Infektionsketten erkennen und warnen soll. Wichtig für den Erfolg ist die Zahl ihrer Nutzer.

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Britische Regierung startet Test für Corona-App – wird das System helfen?

(Bild: Elizaveta Galitckaia / Shutterstock.com)

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Von
  • Charlotte Jee

Die britische Regierung hat laut einer Ankündigung vergangene Woche begonnen, Bewohner der Isle of Wight das Herunterladen ihrer offiziellen App zum Nachverfolgen von Covid-19-Kontakten zu ermöglichen. Zunächst sollten Mitarbeiter des National Health Service und von Gemeinden Zugriff darauf bekommen, später alle 140.000 Bewohner der Insel. Wenn dieser Test erfolgreich verläuft, soll die App ab Mitte Mai auch im Rest des Landes angeboten werden. Sie ist Teil eines Programms für die sichere Lockerung der britischen Lockdown-Maßnahmen. Unter anderem wurden 18.000 zusätzliche Mitarbeiter eingestellt, die manuelle Kontakt-Analysen vornehmen.

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Um die App nutzen zu können, muss man Bluetooth und Benachrichtigungen aktivieren und die erste Hälfte der eigenen Postleitzahl eingeben. Dann werden Teilnehmer gefragt, ob sie irgendwelche Symptome von Covid-19 hatten; falls dem so ist, wird ihnen nahegelegt, einen Test darauf zu bestellen. Mittels Bluetooth erkennt die App, wer sich in der Nähe des Besitzers des jeweiligen Telefons aufgehalten hat. Sie kann also Personen warnen, die mit Covid-19 Infizierten nah gekommen sind. Nutzer der App werden gebeten, eine Liste ihrer Kontakte freizugeben. Mittels eines Algorithmus zur Risiko-Bewertung wird dann entschieden, welche davon alarmiert werden. Dabei berücksichtigt das System, wie lang die zwei Personen zusammen waren und wie nah.

Großbritannien ist bislang fast das einzige Land, das einen derart zentralisierten Ansatz für seine Corona-App gewählt hat. Von den von Apple und Google entwickelten dezentralen Systemen macht es keinen Gebrauch. Experten für Sicherheit und Technologie merkten an, die App werde nur helfen, wenn sie ständig im Vordergrund läuft und die Telefone immer angeschaltet sind. Laut einem Professor, der daran mitgearbeitet hat, müssten 60 Prozent der Bevölkerung die App verwenden, damit sie effektiv ist. Bedenken gibt es auch wegen der Tatsache, dass das System auf eigenen Meldungen von Symptomen basiert. Das könnte unzuverlässig sein und im Widerspruch zu britischen Datengesetzen stehen.

Eine der ersten Apps zum Corona-Tracking war TraceTogether in Singapur, aber sie stieß auf eine bedeutende Hürde – genügend Bürger zum Mitmachen zu bewegen. In Australien, Neuseeland und Indien gibt es ähnliche Apps, während die in China stark zentralisiert ist und viele Daten sammelt. Eine der wichtigsten Lektionen aus den bisherigen Erfahrungen: Wenn nicht die Mehrheit einer Bevölkerung solche Apps installiert und nutzt, haben sie gegenüber manuellem Nachverfolgen wenig Nutzen.

(sma)